Was ist eigentlich aus uns geworden?
17. November 2018 - 2018 / Allgemein / Maskulin*identität_en / soziotext
Titelfoto: © Kulturproleten
Genau heute vor einem Jahr haben wir die Release unseres Sammelbands Maskulin*identität_en gefeiert. Gleichzeitig war dieser Abend für uns fünf Kulturprolet_innen das erste Aufeinandertreffen, seitdem Kilian im April, Mina im August und Alix im September weggezogen waren. Während Theresa zu dieser Zeit bereits am Kistenpacken für ihren Umzug war, hielt Jürgen als Einziger die Stellung in Münster – und hält sie immer noch. Unser Fels in der Brandung, unsere Betonbank am Hafen, unsere Pool-Ball am Aasee.
So ist das also: Im Studium hat man gemeinsam diese „beste Zeit seines/ihres Lebens“ und denkt, man sei unzertrennlich. Dann verschlägt es einen in alle Himmelsrichtungen, um irgendwie so etwas wie eine berufliche Karriere voranzutreiben. Ost: Mina in Berlin, West: Theresa in Düsseldorf, Süd: Alix und Kilian in Passau, Nord: naja, niemand, außer Jon Snow. Und Jürgen in der Mitte, in Münster. Doch machen wir uns nichts vor: Als Geisteswissenschaftler_in schnell einen Job finden? Wo gibt’s denn sowas? In der geliebten Studi-Stadt sicher nicht (oder nur in den seltensten Fällen). Man geht also da hin, wo man etwas kriegen kann. Oder auch da hin, wohin der/die Partner_in geht. Denn, machen wir uns auch hier nichts vor, so ein bisschen spießig wird man schon auch, die Familiengründung ganz unterbewusst irgendwo in ferner Zukunft schimmern sehend.
Gut ausgebildet – ja, und?
Wir haben sehr gute Master-Abschlüsse, brav über Jahre hinweg praktische Erfahrungen gesammelt (in Medien- und Marketingunternehmen, Werbeagenturen, im Kunst- und Kulturbereich, in der Wissenschaft), Auslandssemester oder -jahre hinter uns, Sprachkenntnisse von D bis P und mit Kulturproleten und Maskulin*identität_en ein eigenes Projekt, das wir uns auf die Fahne schreiben können. Dennoch: Einfach so den Berufseinstieg schaffen?
Ha-ha-ha-ha.
Phasen der Arbeitslosigkeit gehören da gezwungenermaßen dazu. „Ok“, denkt man sich im ersten Moment, „endlich mal in Ruhe genügend Zeit haben für alles Mögliche!“ Neben den Bewerbungen versteht sich. Aber schnell steckt man in einer Art Starre fest, kommt weder vor noch zurück. Kann das schöne Wetter draußen nicht genießen, weil man drinnen am Schreibtisch sitzt und stundenlang am PC neue Stellenanzeigen durchscrollt. Kann nicht die spannende neue Serie durchsuchten, weil morgen, übermorgen und überübermorgen Deadlines für Bewerbungen sind. Kann nicht ins Kino, ins Museum, aufs Festival oder einfach mal shoppen gehen, weil – wer hätt’s gedacht – das Geld knapp wird.
Mit steigender Absagen-Anzahl sinkt dann noch das Selbstwertgefühl. Frust, Demotivation und vor allem Selbstzweifel prägen den Alltag. Wie soll man da noch positiv in ein Vorstellungsgespräch gehen, wenn denn mal eines anklopft? Ja, das klingt alles sehr düster. Aber sorry, Leute, so ist es. Trotzdem: Macht euch keine Sorgen, wir haben aktuell fast alle einen Job (Junior-Texter_in in einer Werbeagentur, Wissenschaftliche_r Mitarbeiter_in in der Kulturwissenschaft, Stipendiat_in in einem Forschungskolleg, Volontär_in bei einer Tageszeitung) und kommen über die Runden – mit sagenhaften 2.300 Euro Brutto-Einkommen im Durchschnitt.
Jetzt aber Schluss mit der Schwarzmalerei. Denn bei all den Herausforderungen dieses „Erwachsenwerdens“ gibt es immer noch eine Konstante:
♥ ♥ ♥ die Freundschaft ♥ ♥ ♥
Kitschig? Und wie! Aber hey, das wird man ja wohl noch sagen dürfen.
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