
Konstruktion „muslimischer“ Männlichkeit zur Sicherung von Privilegien und Stabilisierung patriarchaler Strukturen im deutschen Kontext?
2. Januar 2017 - 2017 / Maskulin*identität_en / soziotext
Die Ereignisse Anfang Januar 2016 in Köln prägten eine Fülle rassistischer, ethnisierender sowie sexistischer Berichterstattungen[1]. Diese verdecken dadurch nicht nur die tatsächlichen Zusammenhänge zwischen Männlichkeit und Gewalt[2], sondern es wird über regionale Herkunft sowie Religionszugehörigkeit[3] das Bild sog. „gefährlicher fremder“ Männer konstruiert. Inzwischen besteht eine Erwartungshaltung[4] der medialen Vertreter*innen bezüglich islamischen Terrors; ihre Berichterstattung büßt an Seriosität ein. Offener Rassismus tritt im Rahmen von Stammtischdebatten zutage. Die Alltagssprache radikalisiert sich. Rassistisch motivierte Angriffe aufseiten der „Weißen Mehrheitsbevölkerung“[5] nehmen zu. Spezifischer: Antimuslimische[6] und damit auch von Genderkonstruktionen geprägte Argumentationsmuster [7] erscheinen in aktuellen Debatten gehäuft und direkt.
Spezifika des antimuslimischen Rassismus
Das Konstruieren eines mit negativen Eigenschaften versehenen >Orients< und das Generieren eines dichotomen >Westens< stehen in alter Tradition [8] und sind evident, um ein positives Selbstbild zu erzeugen und die eigenen Handlungen zu legitimieren[9]. Damit gehen unterschiedliche Machtverhältnisse einher: Diskriminierung und Ausschluss auf der einen, sowie Hierarchisierung und Privilegierung auf der anderen Seite – die Rede ist von Rassismus.
Der Aggressor wird im „Islam“ gefunden und kulturalisierend auf Menschen übertragen, die aus islamisch geprägten Ländern stammen – bzw. auf deren, in Deutschland aufgewachsenen, Nachkommen[10]. Als „muslimisch“ gelesene und konstruierte Männer stehen nicht nur unter Anklage, patriarchisch zu leben und aggressiv bzw. unterdrückend gegenüber Frauen zu wirken. Ihnen wird auch vorgeworfen, zu Terrorismus zu neigen – nicht zuletzt aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum Islam, auf welchen das Attribut der Gewalttätigkeit projiziert wird. Durch diese Form der Stigmatisierung kommt es nicht nur zur Konstruktion und Verortung der Gruppe vermeintlich „Anderer“ in Abgrenzung zur Eigenen, es werden zusätzlich bestehende, die Gesamtgesellschaft betreffende, Problematiken verleugnet. Ich würde weiter behaupten, dass durch kulturalisierende und generalisierende Zuschreibungen, wie etwa: „Muslimische“ Männer seien alle Patriarchen, die patriarchalen Strukturen im deutschen Kontext selbst dethematisiert und somit stabilisiert werden.
Repräsentation „muslimisch“ wahrgenommener Männer im Diskurs
Ein weiterer Ausdruck von Dominanz liegt in der Form der Repräsentation von Rassismus negativ betroffener und somit rassifizierter Subjekte [11] in der Debatte. Diesen wird die Position als Sprecher*innen aufgrund bestehender Machtverhältnisse nicht zuerkannt und auf diese Weise die Möglichkeit zur Selbst(re)präsentation entzogen[12]. Zugunsten einer vermeintlichen „Authentizität“[13] wird stattdessen immer häufiger die Perspektive sog. “Islamkritikerinnen“ angefragt, welche den antimuslimischen Diskurs mit Bezug auf gängige antimuslimische Topoi stützen und reproduzieren [14]. Im antimuslimischen Diskurs wird also konkret von unterschiedlichen Akteur*innen auf historisch konstruierte, „rassistische Wissensbestände“[15] zurückgegriffen, sodass diese im kulturellen sowie im Medienfeld kontext- und zeitspezifisch reproduziert werden[16]. Folgend möchte ich eine Form der Repräsentation „muslimisch“ wahrgenommener Männer im Diskurs, genauer im Bereich der Filmindustrie, anhand eines anschaulichen und aktuellen Beispiels verdeutlichen:
Der Schauspieler Aymann Samma wurde im Rahmen einer Reportage, welche am 10.10.2016 von Arte ausgestrahlt wurde, interviewt. Er skandalisiert hierin, dass er als „muslimisch“ gelesener Mann immer wieder die gleichen (Film)Rollen angeboten bekommt, nämlich die, in denen er „Gegenspieler“, „Terroristen“ verkörpern soll. Im Gegensatz zu seinen „weißen“ Kollegen ist es für ihn bei Bewerbungen auf Hauptrollen als „Helden“ schwer, jene Rolle zu bekommen[17]. Das Beispiel lässt strukturellen Rassismus erkennen, welcher eine Ungleichbehandlung in der Arbeitsvergabe bewirkt und gleichzeitig bewusst stigmatisierende Bilder (re)produziert [18].
Konstruktion des „Migrationsanderen“[19]
In der Logik des antimuslimischen Rassismus stellt die Adressierung/Anrufung der konstruierten, homogenen Gruppe neben der Repräsentation eine bedeutende Funktion dar, welche die eigene hegemoniale Macht bestärkt. Subjekte werden, gleich Butlers Konzept der „Urszene“[20], in ihre soziale Existenz hineingerufen und somit gesellschaftlichen Normen unterworfen. Butlers Beispiel ist vergleichbar mit der Konstruktion des sog. „Migrationsanderen“ (Mecheril), welcher über die Herkunftsfrage in alltäglicher Interaktion konstruiert und außerhalb der Gesellschaft positioniert wird. Dieses Vorgehen zeigt sich im migrationsgesellschaftlichen Kontext der BRD beispielsweise an den historischen sowie soziopolitischen Phasen der veränderten Semantik gegenüber Migrant*innen. Während diese Anfang der 50er/60er Jahre während der Anwerbephase als „Gastarbeiter“ betitelt bzw. wahrgenommen wurden, etablierte sich in den 1970er Jahren der Begriff des „Ausländers“. Als Reaktion auf den Wunsch der früheren „Gäste“ zu bleiben, folgte der Differenzdiskurs über die „Kultur“. Ab den 1980er Jahren wurde von „den Türken“ gesprochen. Zum ersten Mal erfolgte nun auch die Betonung von Religion. Anschluss findet die Bezeichnung des „Asylanten“, aktuell gängig ist homogenisierend die des „Muslims“[21]. „Muslime“ werden somit zur Oberkategorie[22] einer Reihe „ethnischer Volksgruppen“ und die Repräsentation über religiöse Zuschreibungen immer häufiger. Bezogen auf angeblich religiöse sowie kulturelle Unvereinbarkeit wird als „Muslim*innen“ konstruierten Menschen unterstellt, nicht demokratiefähig und in diesem Zusammenhang nicht integrationswillig zu sein. „Muslim*innen“ werden auf diese Weise zu „Anderen“ gemacht, die angeblich nicht in die Norm und das Gesellschaftsbild passen. Ich gehe davon aus, dass dies bewusst aus der Angst eines möglichen Status- und einem damit zusammenhängenden Privilegienverlusts durch absehbaren Wandel heraus passiert.
Widerständige Praktiken von Subjekten
Diskursiv erzeugtes, rassistisches Wissen in diesem Kontext hat nicht nur Auswirkungen auf die Einstellung der „Weißen Mehrheitsbevölkerung“, sondern auch auf rassifizierte Subjekte. Rassismus wird dabei unterschiedlich wahrgenommen. Ein wichtiger Faktor ist die jeweilige klassenspezifische Sozialisation, welche Bourdieu in dem von ihm entwickelten Habituskonzept ausführt. Demnach zeigen sich Reaktionen in diversen Strategien. Postkoloniale Theorien wie die von Homi Bhabha beschäftigen sich mit ebensolchen Ausdrucksformen der Handlungsmacht von rassifizierten Subjekten. In diesem Sinne bezeichnet Butler „Resignifizierung“ als eine „Praktik, die auch als (politische) Strategie verstanden werden kann, den Bedeutungsspielraum eines normierenden Sprechens, eines Diskurses der Macht, subversiv zu nutzen.“ Konkret wird durch Überschreiten, Verschieben und Wiedereinschreiben Raum für Handlungsmacht eröffnet und damit ein „Bruch mit der ordnungsgemäßen Wiederholung der Norm.“[23] erzeugt. Als Beispiel für subversive Signifizierungspraktiken nennt Butler die Verwendung des Begriffs „nigger“ im Rap, der in „überformter und damit in fehlangeeigneter Form wieder in den Diskurs eingeschrieben wird.“[24] Über die Verwendung des Begriffs als Selbstbezeichnung kommt es zu einer Bedeutungsverschiebung. Man wendet sich bewusst und demonstrativ von der dominanten Begriffsverwendung ab, wodurch eine nicht-ordnungsgemäße Bezugnahme bzw. Neubelegung des Begriffes ermöglicht wird.[25]
Der Diskurs erzeugt Wirklichkeit
Der antimuslimische Diskurs (re)produziert Wissen, welches „nicht nur Bedeutungsstrukturen unserer Wirklichkeit [bildet], sondern auch reale Konsequenzen hat“[26]. So kündigte Herr Seehofer (CSU) nach den Ereignissen (den islamistisch deklarierten Anschlägen in Würzburg und Ansbach) in Bayern an[27], dass umfassende rechtliche und politische Konsequenzen folgen sollten. Er forderte mehr Polizeieinsatz für die innerstaatliche Sicherheit, stärkere Kontrollen von Geflüchteten und betonte darüber hinaus: „Die Begrenzung der Zuwanderung ist eine Voraussetzung für die Sicherheit in diesem Lande“[28]. Hierin lassen sich rechtspopulistische Forderungen wiederfinden, welche auf politischer Ebene mittels Gesetzesänderungen zukünftig eine Umsetzung erfahren könnten [29]. Die Einschränkung des Grundrechts (Asylparagraf Artikel 16 GG) wäre die finale Auswirkung. Dies steht dem Selbstbild Deutschlands, ein demokratisches Land zu sein, in dem Menschen einen Anspruch auf die gleichen Rechte haben, entgegen.
Warum diese Überrepräsentation von als „muslimisch“ konstruierten Männern in den Medien im gezielten Zusammenhang mit Ängsten hervorrufenden Thematiken? Warum eine Debatte um Frauenrechte, die das Problem nicht an der Wurzel packt, sondern zu politischen Konsequenzen führt, welche u.a. die Fluchtbedingungen für Frauen prekarisiert?[30] Warum ein allgemeines Dethematisieren von Rassismus, wenn nicht zur Legitimierung und Sicherung von Hegemonie und eigener Privilegien?
Feministischer Kämpfe, wie z.B. um Anerkennung von sexualisierter Gewalt an Frauen sind mit antirassistischen Kämpfen, welche Privilegien des weißen Patriarchats anzugreifen versuchen eng verknüpft.
Mit Blick auf Köln lehne ich mich an die Aktivistinnen des Kollektivs #Ausnahmslos an, welche im Januar dieses Jahres eine Stellungsnahme[31] zu den Ereignissen in Köln und deren medialer Inszenierung verfassten. Rassismus ist u. a. aufgrund der Reproduktion von Ungleichheiten demnach keine Lösung für ein gewaltfreies Miteinander aller hier lebenden Menschen. Er lenkt den öffentlichen Diskurs von Hegemoniestrukturen innerhalb der vermeintlichen „eigenen Kultur“ ab, indem ein differentes Feindbild geschaffen wird. So muss der Kampf gegen patriarchale/hegemoniale Strukturen, welche sich in der Debatte um sexualisierte Gewalt an Frauen wiedererkennen lassen, sowohl feministisch als auch antirassistisch sein.[32] Hierzu braucht es eine Anerkennung von sexualisierter Gewalt an Frauen als gesamtgesellschaftliches Problem und eine umfassende Aufarbeitung dieser Umstände, die jedermann und jede Frau betreffen. Genauso braucht es eine Thematisierung und Anerkennung von Rassismus als gesamtgesellschaftliches Problem. Im Sinne des Konzeptes „critical whiteness“[33] wird eine selbst- und machtkritische Perspektive sensibilisiert, sodass Hegemonie und Dominanzverhältnisse wahrgenommen und bekämpft, Normen/Diskurse hinterfragt und verändert werden können. Eine gelungene Inklusion, welche eine Partizipation aller Menschen in allen Bereichen der Gesellschaft ebenso ermöglicht, wie eine gewisse Übernahme von Verantwortung im globalen Sinne[34], ist meiner Meinung nach die Basis für eine solidarisch sowie demokratisch zusammenlebende Gesellschaft. In vereinzelten Gemeinschaften wird bereits explorativ versucht, solche Konzepte zu leben, doch für die Gesamtgesellschaft scheint es noch ein langer Weg zu sein.
- [1]Gabriele Dietze spricht diskursübergreifend von „Ethnosexismus“ (Dietze 2016).↩
- [2]Neben der häuslichen Gewalt an Frauen betont Scheibelhofer eine weitere Facette dieser: „[…] männliche Gewalt [muss] gegenüber Frauen grundsätzlich als eingebettet in ungleiche Machtverhältnisse zwischen Männern und Frauen verstanden werden. Männergewalt ist kein trauriges „Einzelschicksal“ oder Ausdruck von „Abnormalität“, sondern eine Facette männlicher Herrschaft. Diese Gewalt wird befördert durch Rollenbilder und Ideologien, die Frauen abwerten, und durch Männlichkeitsbilder, die auf Dominanz und Durchsetzungsfähigkeit abzielen, sowie durch ökonomische, politische Ungleichheiten, die Frauen in Abhängigkeit von Männern bringen.“ (Scheibelhofer 2016).↩
- [3]Vgl. Scheibelhofer 2016↩
- [4]Bei Interesse zu Kritik an der Reproduktion von Stereotypen im Kontext deutscher Medien bitte nachlesen unter www.neuemedienmacher.de.↩
- [5]Ich gehe davon aus, dass innerhalb der Migrationsgesellschaft Deutschlands alle Menschen, jedoch in verschiedener Weise, von Rassismus betroffen sind. Rassismus fasse ich hierbei als gesamtgesellschaftliches Phänomen. Dabei möchte ich die „weiße Mehrheitsgesellschaft“ als den Teil der Bevölkerung hervorheben, der von dieser Differenzierung profitiert, betont aus dem Grund, dass ich dies nicht als „natürlich“ im Raum stehen lassen will. Dabei ist mir bewusst, dass ich ebenso jene Differenzierung reproduziere. Diese versuche ich jedoch, durch ein Ansprechen ungleicher Machtverhältnisse, aufzubrechen. Dabei ist zu bedenken, dass Rassismus „keine Angelegenheit von Individuen oder Gruppen [ist], [sondern] er geht durch Individuen und Gruppen (und durch Institutionen, Diskurse, etc.) hindurch“ (Ibrahim 2012) ↩
- [6]Die Bezeichnung „antimuslimisch“ steht in Kontext der Theorie des antimuslimischen Rassismus, welcher in Abgrenzung zu international gebräuchlichen Begriffen wie Islamophobie oder Islamfeindlichkeit nicht nur die Diskriminierung von Muslim*innen betont, sondern sich auf jene Menschen bezieht, welche ungeachtet ihrer eigenen Positionierung als Muslim*innen markiert und konstruiert werden (siehe Attia 2013, Shomann 2014). Da homogene Gruppen in Bezug auf ihre tatsächliche oder nur zugeschriebene kulturelle und religiöse Zugehörigkeit gebildet und daraufhin abgewertet werden, lässt sich hier von einer Form des Neorassismus sprechen (vgl. Shomann 2014: 56ff.)↩
- [7]Antimuslimische Argumentationsmuster, auch genannt „Topoi“, spiegeln kollektives bzw. gesellschaftliches Wissen im Rahmen öffentlicher Diskurse wider. Dieses kann sich in Metaphern, Stereotypen, Schlüsselworten sowie Redewendungen ausdrücken (vgl. Shooman 2014: 22f.).↩
- [8]„Der Orientalismus, als eine diskursive Praxis steht in engem Zusammenhang mit dem Kolonialismus, da mit ihm ein westlicher Hegemonieanspruch über den als kulturelles Gegenbild entworfenen Orient formuliert wurde.“ (Shooman 2014: 36ff.) An dieser Stelle wird die Macht des Diskurses, soziale Wirklichkeit zu erzeugen, deutlich, wobei in dem Fall Stereotype zur Legitimation der Kolonialisierung entworfen wurden.↩
- [9]Siehe Said 1978.↩
- [10]Vgl. Attia 2009: 153↩
- [11]Da ich Rassismus als ein die Gesamtgesellschaft betreffendes Phänomen betrachte, unterscheide ich zwischen von Rassismus positiv Betroffenen, welche die weiße Mehrheitsbevölkerung darstellen, die aufgrund von Rassismus gewisse Privilegien genießen, und von Rassismus negativ Betroffenen, womit rassifizierte Subjekte gemeint sind.↩
- [12]Vgl. Mecheril 2007: 7ff.↩
- [13]Jene Vorstellung von „Authentizität“ wird damit belegt, dass sog. „Islamkritikerinnen“ in islamisch geprägten Ländern oder Familien sozialisiert wurden, nun aber von der „islamischen Kultur befreit sind“ und als emanzipiert und „westlich aufgeklärt“ gelten. Sie legen „stellvertretend für ein imaginiertes Kollektiv Zeugnis ab“ und stellen damit „gesellschaftliches Wissen her, das bestehende Islambilder beglaubigt“ (Shooman 2014: 100ff.) ↩
- [14]Shooman 2014: 100ff.↩
- [15]Terkessidis 1998: 83ff.↩
- [16]Vgl. Shooman 2014: 16↩
- [17]Siehe Arte Journal (10.10.2016): info.arte.tv/de/hollywood-frust-bei-arabischen-schauspielern (Letzter Zugriff: 22.10.2016) ↩
- [18]In diesem Beispiel, welches auf den amerikanischen Kontext (Hollywood) eingeht, lässt sich der Zusammenhang zwischen Rassismus und Kapitalismus erkennen. Es wird argumentiert, dass sich dadurch, dass ein spezifisches Bild „des Terroristen“ in den Kinos Absatz findet, jene Rollenbilder wiederholen müssen. Dieses Beispiel knüpft an die anfangs erwähnte Erwartungshaltung deutscher Medienmacher*innen an.↩
- [19]Mit dem Begriff des „Migrationsanderen“ ermutigt Paul Mescheril nicht nur zur Reflexion des Konstruktionscharakters von den „Anderen“, sondern weist darüber hinaus auf die Festschreibungen und Pauschalisierungen hin, welche mit jener Konstruktion einhergehen (siehe Mecheril 2010).↩
- [20]Butler beschreibt diesen Prozess mit der Urszene der Hebamme: „Es ist ein Mädchen!“ Durch die Anrufung als Mädchen identifiziert, werden im gleichen Atemzug gewisse Erwartungen und Regeln an es herangetragen, denen sich zu widersetzen den gesellschaftlichen Ausschluss bedeutete (vgl. Rose 2012: 209ff).↩
- [21]Vgl. Tezcan 2014: 199ff↩
- [22]Diese Konstruktion wird unter anderem von statistischen Messungen der Bundesregierung (Migrationsstatistiken) unterstützt, deren Herleitung zufolge „nach proportionalem Anteil […] der Bevölkerung der Länder – die Migranten aus Ländern muslimischer Bevölkerung“ bemessen werden (Spielhaus 2006).↩
- [23]Rose 2012: 139ff.↩
- [24]Ebd.↩
- [25]Siehe ebd.↩
- [26]Shooman 2014: 237↩
- [27]Siehe Süddeutsche (25.07.2016): Nach Anschlägen. Seehofer: „wir müssen wissen, wer im Land ist.“ www.sueddeutsche.de/politik/nach-anschlaegen-seehofer-wir-muessen-wissen-wer-im-land-ist1.3094966 (Letzter Zugriff: 22.10.2016) ↩
- [28]Tagesspiegel (30.07.2016): Fluchtdebatte nach Anschlägen. Seehofer distanziert sich von Merkels „wir schaffen das“.www.tagesspiegel.de/politik/fluechtlingsdebatte-nach-anschlaegen-seehofer-distanziert-sich-vonmerkels-wir-schaffen-das/13949664.html (Letzter Zugriff: 22.10.2016) ↩
- [29]Dass aus der Konstruktion von „gefährlich fremden Männern“ politischer Nutzen gezogen wird, ist nach Scheibelhofer historisch fundiert. „Seit den 1970er Jahren wurden Bilder genutzt […], um Restriktionen in der Migrationspolitik durchzusetzen: von Konstruktionen über rückständige Gastarbeiter über gewalttätige Flüchtlinge aus dem Osten und gefährliche Drogendealer aus Afrika bis hin zu neueren Debatten über fundamentalistische muslimische Männer. Diese Bilder werden nun wieder aufgegriffen und genutzt, um politische Handlungsmacht zu erlangen.“ (Scheibelhofer 2016). Die mediale Inszenierung um die Ereignisse in Köln stellt demnach ein aktuelles Beispiel für den Versuch der Legitimation von repressiven Maßnahmen unter Unterstützung eines Großteils der „weißen Mehrheitsbevölkerung“ dar. Und wie ich hinzufügen würde, eine ebenso hinzukommende Dethematisierung von Themen wie Ungleichbehandlung innerhalb Dominanzverhältnissen.↩
- [30]„Auf einmal erscheint es ganz einfach, gewalttätigen [als „fremd“ konstruierten] Männern mit voller Härte entgegen zu treten und Männergewalt tatsächlich aus unserer Mitte zu entfernen. Aber die propagierten Lösungen erzeugen selbst vor allem Eines: Gewalt. Gegen geflüchtete Männer, Frauen und Kinder. Sei es durch staatliche Organe an den Grenzen, wie entlang der Balkanroute, oder durch besorgte „Wutbürger“, die Flüchtlinge und ihre Unterkünfte attackieren.“ (Scheibelhofer 2016)↩
- [31]Siehe: #Ausnahmslos (2016): Pressemitteilung – #ausnahmslos-Initiator_innen unterstützen Bündnis „Nein heißt Nein”: Eine große Koalition für eine große Reform des Sexualstrafrechts. http://ausnahmslos.org/ (Letzter Zugriff: 26.10.2016) ↩
- [32]Scheibelhofer 2016↩
- [33]Eine kritische Stellungsnahme hierzu ist in Ibrahim 2012 zu finden.↩
- [34]Über globale Ungerechtigkeit und westl. Verantwortung sowie Ansätze, „männliche Hegemonie“ aufzubrechen, siehe hierzu: Weser Kurier (2016): Gastrede im Rahmen des Neujahrsempfangs der Stadt Bremen von Paul Mecheril. Flucht ist das Thema der Gastrede des Erziehungswissenschaftlers Paul Mecheril. Seine Thesen haben Debatten angestoßen. Wir veröffentlichen die Rede im Wortlaut. http://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-politik-wirtschaft_artikel,-Die-Gastrede-von-Paul-Mecheril-_arid,1291009.html (Letzter Zugriff: 30.10.2016) ↩
Liebe Ariane,
ein super Artikel und vorallem gut geschrieben!
Mich interessiert eine deiner Quellen sehr (Scheibelhofer 2016), kann die Publikation aber nicht finden. Kannst du mir den Titel sagen?
LG
Hallo Aron,
ich bin zwar nicht Ariane, kann dir aber trotzdem weiterhelfen. Der vollständige Titel der von Ariane verwendeten Publikation lautet: Scheibelhofer, Paul: Konstruktionen von Männlichkeit und Gewalt in Debatten um „Köln“, in: AEP – Informationen. Feministische Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, Nr. 2016/2, S. 51-53
Viele Grüße und gute Lektüre
Jürgen für die Kulturproleten