„Wölfe auf der Schafswiese des Schlagerbereichs“. Zur Differenz von Original und Parodie im Schlager
9. November 2017 - 2017 / Allgemein / tontext
1954 veröffentlichten Friedel Hensch und die Cyprys die Single Das alte Försterhaus, die sich beinahe eine Million Mal verkaufte, zwei Jahre später schon dem Heimat- und Schlagerfilm Das alte Försterhaus Titel und Musik lieferte und Jahrzehnte später noch von Schlagersänger_innen wie Marianne und Michael neu aufgenommen wurde. Textlich tauchen hier zahlreiche Klischees der populären Heimatfilme und Schlager der 1950er Jahre auf: „Nebel steigt herauf vom Wiesengrund, / der alte Förster […] streichelt traumverloren seinen Hund“ und denkt dabei an vergangene, bessere Zeiten, in denen er „über diese Schwelle / die junge Braut ins Försterhaus gebracht“. Dann aber, wie das immer so ist, verging „die Zeit […], / geschieden musste sein. / […] dann starb die Frau, der Förster blieb allein.“((Friedel Hensch und die Cyprys: Das alte Försterhaus / Der kleine Dompfaff. 7″-Single. Polydor 1954. URL: https://www.youtube.com/watch?v=qgfboLN3GnY.))
Texter Walter Brandin und Komponist Rudi Stemmler – beide erfolgreich im Schlagerbereich tätig – haben das Lied innerhalb von einer Stunde auf einer Gartenparty geschrieben und es anscheinend als Parodie gemeint: „Sie wollten eine ‚Super-Schnulze‘ zusammenbasteln, die textlich und musikalisch alles enthalten sollte, was auf dem deutschen Schlagermarkt billig und gängig ist“,((Der Förster Kuno. In: Der Spiegel 35/1956, S. 46–47, hier S. 46.)) schreibt Der Spiegel im August 1956. Dass das Lied so nicht rezipiert wurde, lässt sich unter anderem daran erkennen, dass die durch humoristische Schlager wie Wasser ist zum Waschen da bekannt gewordene Gruppe Die Peheiros mit beachtlichem Erfolg 1955 Das alte Försterhaus vom Förster Kuno, eine Parodie des als Parodie gedachten Liedes von Brandin und Stemmler, veröffentlichte: „Das Rheuma plagt den Förster immer schlimmer / Und auch der Dackel ist nicht mehr gesund“.((Die Peheiros: Das alte Försterhaus vom Förster Kuno / Oh, Heideröslein, gib acht, wenn‘s kracht. 7″-Single. Decca 1955. URL: https://www.youtube.com/watch?v=ChFTgZJb0jQ.)) Wer schriebe schon die Parodie eines Liedes, wenn dieses bereits selbst allgemein als Parodie angesehen würde?
Zwar ließe sich die Rezeption von Das alte Försterhaus als ernsthafter Schlager damit erklären, dass die parodistische Absicht einfach nicht deutlich genug herausgestellt wurde, aber auch sonst scheint es im Schlager spezifische Schwierigkeiten zu geben, Originale und Parodien voneinander zu unterscheiden. Diesen Schwierigkeiten soll im Folgenden anhand einiger Beispiele nachgegangen werden, um am Ende aus ihnen Kriterien zu gewinnen, anhand derer der Schlager von der Musik etwa Max Giesingers und anderer Interpret_innen abgegrenzt werden kann, denen Jan Böhmermann im Neo Magazin Royale den Vorwurf machte, ein Revival des Schlagers zu betreiben.((Neo Magazin Royale: Eier aus Stahl: Max Giesinger und die deutsche Industriemusik. 5. April 2017. URL: https://www.youtube.com/watch?v=nFfu2xDJyVs. Im Folgenden zitiert als: Neo Magazin: Giesinger. Siehe Fußnote 19.))
Die zwei Amigos
Lieder wie Das alte Försterhaus, die nicht als uneigentliche Übernahmen einer mehr oder weniger abgelehnten Ästhetik rezipiert werden, oder Interpret_innen wie Guildo Horn, Dieter Thomas Kuhn und weitere Vertreter_innen des Schlager-Revivals der 1990er Jahre lassen sich als am Rande der Parodie stehende Erscheinungen fassen. Gerade im Schlager finden sich solche immer wieder und verraten Wesentliches über seine Machart und Funktionsweise. Die Verfahren zur Herstellung einer Schlagerparodie unterscheiden sich nicht von denen zur Herstellung eines Schlagers. Anders als bei vielen anderen Musikrichtungen und kulturellen Erscheinungen, die irgendwann im Laufe ihrer Entwicklung zum Klischee erstarren und somit parodiert werden können, ist beim Schlager wie bei seiner Parodie das Klischee der Ausgangspunkt der Produktion, sodass sich Schlagerparodien oftmals bruchlos in den Rezeptionszusammenhang des Parodierten einreihen. Die Abgrenzung von Original und Parodie ist aber auch auf Seiten der Produzent_innen oft schwer zu ziehen.
Deutlich wird das, aber auch die prinzipielle Ähnlichkeit der Herstellung von Schlagern und ihren parodistisch gemeinten Pendants, an einem Ausschnitt aus Rocko Schamonis autobiographischem Roman Dorfpunks. Schamoni, der zum ersten Mal in den 1980ern mit Punkschlagern von sich hören ließ, die „mit einer Art Antihaltung“((Rocko Schamoni: Dorfpunks. 13. Auflage. Hamburg 2011, S. 116. Im Folgenden zitiert als: Schamoni: Dorfpunks.)) gespielt waren, schreibt darin über die Gründung seiner ersten Schlagerformation:
Der Name ist immer am wichtigsten bei einer Band. Zuerst braucht man einen guten Namen, der Rest ist eigentlich egal. Wir entschieden uns schließlich für „Die Amigos“. Er umschloss das, was wir waren und sein wollten: zum einen Freunde, zum anderen Wölfe auf der Schafswiese des Schlagerbereichs. […] Ich schrieb uns einen Song auf den Leib, einen Vorstellungssong. Er hieß: „Hallo, wir sind die Amigos“ […]. Die Akkorde sind ungebrochen heiter, die Melodieführung bleibt einfach und eingängig. […] Wir trugen alte Gabardine-Schlaghosen, Ponchos und Sombreros, dieses Outfit war unser Markenzeichen.((Schamoni: Dorfpunks, S. 115–116.))
Neben der Tatsache, dass Schamonis damalige Band ihren Namen Die Amigos mit einer der derzeit erfolgreichsten Schlagerbands, der hessischen Gruppe Die Amigos, teilt,((Eine Übereinstimmung, die einiges verrät über die Kraft naheliegender Assoziationen und die Kleinheit des Raums der im Schlager möglichen Rollen.)) ist der Textausschnitt auch deshalb interessant, weil in ihm wesentliche Kennzeichen und Verfahren von Schlagern und auch die Schwierigkeit sogar für die Interpret_innen, Parodie und Original voneinander zu unterscheiden, deutlich werden. Zwar ist das Ziel von Schamonis Amigos eindeutig die Herstellung von Schlagerparodien – „Mit alldem machten wir uns lustig über die Erwachsenenwelt, Musikantenstadl, Hitparade, Schlager“((Schamoni: Dorfpunks, S. 182.)) –, doch wieder einmal geraten Abgrenzung von dieser Welt und Teilhabenwollen an ihr durcheinander. Die Wölfe stehen eben nicht neben, sondern auf der Wiese des Schlagerbereichs. So heißt es über den ersten Auftritt der Amigos: „Nach drei Songs hatten wir die Aula komplett im Griff, Endorphin, Adrenalin, Glücksgefühle auf der Bühne, wie ich es noch nie erlebt hatte. Für totalen Müll. […] Wir wollten die Bühne nicht mehr verlassen, obwohl wir unser gesamtes Programm bereits gespielt hatten“.((Schamoni: Dorfpunks, S. 117.))
Die Liebe des Publikums und auch von Schamonis Amigos zum Schlager und seinen Klischees im gleichzeitigen Wissen um seine Klischeehaftigkeit und musikalische Anspruchslosigkeit lässt sich fassen als Camp-Rezeption des Schlagers. Was Susan Sontag in Notes on „Camp“ an Beobachtungen zusammenträgt über das, was Menschen ihrer Umgebung als Camp rezipieren, trifft auch auf viele Schlager zu: „its love of the unnatural: of artifice and exaggeration“((Susan Sontag: Notes on „Camp“. In: dies.: Against Interpretation. London 2001, S. 275–292, hier S. 275. Im Folgenden zitiert als: Sontag: Camp.)) und vor allem auf die Rollenhaftigkeit des Schlagers: „To perceive Camp in objects and persons is to understand Being-as-Playing-a-Role.“((Sontag: Camp, S. 280.)) Im Schlager geht es eben nicht um Authentizität. Es ist im Aufführungsmoment egal, ob Helene Fischer ihre Lieder selbst schreibt und das, was sie singt, auch fühlt oder nur eine Rolle spielt. Und gerade deshalb eignen Schlager sich dazu, als Camp rezipiert zu werden, wenn sie nicht allzu durchschnittlich gemacht sind („Camp is the attempt to do something extraordinary.“).((Sontag: Camp, S. 284.)) Die Liebe zum Schlager als Camp ist es, die nicht nur Schamonis Amigos Original und Parodie durcheinandergehen lässt.
Intelligente Dummheit und die Möglichkeit des Glücks
Was Schamoni über die Verfahren der Amigos zur Lied- und Imageproduktion schreibt – eingängige Melodien, Fließbandproduktion („Texte fielen mir ohne Ende ein“),((Schamoni: Dorfpunks, S. 181.)) Einnahme von klaren Rollen mit hohem Wiedererkennungswert, Kostümierung, klischeestrotzende Texte und letztlich eben ein auch in der Parodie ungebrochener Gesamteindruck – dürfte weitgehend auch für die professionelle Schlagerproduktion gelten. Theodor W. Adorno fasst als ihr wesentliches Kennzeichen in seiner Einleitung in die Musiksoziologie die Standardisierung, den immer neuen Aufguss sich bereits überlebt habender musikalischer wie textlicher Topoi: „der Schlager führt zurück zu ein paar bis zum Überdruss vertrauten Grundkategorien der Wahrnehmung, nichts eigentlich Neues darf unterlaufen, nur kalkulierte Effekte, welche die Immergleichheit würzen, ohne sie zu gefährden“.((Theodor W. Adorno: Einleitung in die Musiksoziologie. Zwölf theoretische Vorlesungen. Frankfurt am Main 1975, S. 40. Im Folgenden zitiert als: Adorno: Musiksoziologie.)) Doch er folgert aus dieser Standardisierung sogleich Passivität bei den Rezipient_innen, die sich „dem Gesamtsystem der Kulturindustrie als einem fortschreitender Verdummung ein[fügt]“.((Adorno: Musiksoziologie, S. 45.)) Ronald M. Schernikau dagegen, der sicher ein größerer Schlagerverständiger als Adorno war, stellt in Über Schlager in der DDR wie im bewussten Gegensatz zu Adornos Schlagerbestimmung die Möglichkeit in Aussicht, dass es „intelligente Dummheit“((Ronald M. Schernikau: Über Schlager in der DDR. In: ders.: Königin im Dreck. Texte zur Zeit. Herausgegeben von Thomas Keck. Berlin 2009, S. 109–133, hier S. 111. Im Folgenden zitiert als: Schernikau: Schlager.)) im Bereich des Schlagers gibt, und zeigt das sogleich am Beispiel der DDR-Schlagerproduktion, in der sich für ihn durchaus nicht das Immergleiche wiederholt, sondern sich auch Veränderungen erkennen lassen, „die die Leute selbst gar nicht bemerken. Die Texte […] werden hier und da offener, plötzlich hat der Angesungene einen Beruf oder ein Mann ist zu mackerig“.((Schernikau: Schlager, S. 111.))
Tatsächlich behandeln Schlager durchaus soziale Wirklichkeit und bergen in sich oft die Hoffnung, dass das Leben aufregender, erfüllter sein könnte. Jens Friebe, dessen Liedern immer wieder eine gewisse Schlagernähe nachgesagt wird, schätzt am Schlager gerade, dass in ihm „etwas wie Sehnsucht aufrecht erhalten [wird]. […] Auch wenn es in vielen deutschen Schlagern letztendlich um Urlaub auf Mallorca oder in Italien geht. […] Das kann man fatal finden. Trotzdem wird eine Art Traum von etwas anderem wach gehalten“.((Friebe, Jens: Ein System ohne Niedertracht. Interview von Nadine Schildhauer in opak-magazin.de. 3. Januar 2011. URL: http://www.opak-magazin.de/2011/01/ein-system-ohne-niedertracht-jens-friebe/.)) Schlager verneinen – und sei es nur besserer Vermarktbarkeit wegen – nie ganz die Möglichkeit des Glücks, auch wenn es, wie in Das alte Försterhaus, ein vergangenes ist. Neben Ersatzbefriedigung und der Identifikation mit den gebotenen gesellschaftlichen Rollen, was immer eine auch mögliche und wahrscheinlich die dominante Rezeption von Schlagern ist, bieten sie in der Ausgestelltheit ihrer Rollenhaftigkeit auch die Möglichkeit, deren Gemachtheit zu durchschauen, und können gleichzeitig generell gegen die Illusion einer den gesellschaftlich angebotenen Bildern und Rollen vorgelagerten Einheit des Subjekts wirken. Wenn Schlager aber so rollenhaft sind wie ihre Parodien, ist nicht verwunderlich, dass beide so schwer voneinander zu unterscheiden sind.
Was aufgrund der schon im Schlager selbst betonten und ausgestellten Rollenhaftigkeit, der Einnahme einer unauthentischen Position, wie sie auch die Parodie kennzeichnen, und des gleichen standardisierten Zugriffs auf musikalische wie textliche Gemeinplätze auch immer wieder auftritt, sind bewusst kalkulierte Mischformen, die zwar auf die eingängige Wirkung des Schlagers setzen, doch für das trash- und ironiebewusste Publikum gleichzeitig durchscheinen lassen, dass diese Lieder und die sie kontextualisierenden Rollen eben voller Klischees und irgendwie auch ironisch gemeint sind. Ein Fall wäre das Schlagerrevival der 1990er Jahre, das auf eine Rezeption als Camp zu zielen schien. Zynische Züge nimmt eine solche Mischform bei jemandem wie Mickie Krause an, der den Sexismus seiner Texte und Videos derart auf die Spitze treibt, dass man kaum umhin kommt, ihm oder Personen seines Umfelds zu attestieren, dass hier jemand das Falsche, im Bewusstsein darum, dass es falsch ist, tut. Zur Schau gestellte Ironie dient hier dazu, mit nur noch größerer Freude das scheinbar Tabuisierte auszusprechen.
Kritik der Giesinger-Kritik
Natürlich gibt es aber neben Grenzfällen und Rezeptionsunfällen auch Parodien auf Schlager, die sich eindeutig als solche zu erkennen geben. Das bereits genannte Lied Das alte Försterhaus vom Förster Kuno gehört dazu – auf der 7″-Single ist dem Liedtitel die Bezeichnung „Parodie“ beigefügt, inhaltlich fehlt hier die Möglichkeit des Glücks, vielmehr geht es ohne utopischen Fluchtpunkt um nichts als die triste Wirklichkeit eines gescheiterten Lebens im heruntergekommenen Försterhaus. Und auch Jan Böhmermanns Menschen Leben Tanzen Welt ist im Sendungskontext des Neo Magazin Royale vom 5. April 2017 und aufgrund seines sich zusammenhängendem Sinn verweigernden, als Collage aus Werbung und Kalendersprüchen erkennbaren Texts klar als Parodie gekennzeichnet, die, so Böhmermann, auf Max Giesinger und Co. als „Revival des Schlagers unter falscher Flagge“((Neo Magazin: Giesinger, 5:07.)) ziele. Ist diese Einordnung von Max Giesinger oder den ebenfalls genannten Philipp Poisel, Tim Bendzko, Matthias Schweighöfer, Glasperlenspiel, Frida Gold((Neo Magazin: Giesinger, 6:56–8:00.)) als Schlagersänger_innen aber überhaupt berechtigt?
Am wichtigsten Kritikpunkt Böhmermanns zumindest zeigen sich deutliche Unterschiede zum Schlager. Neben der Beliebigkeit der Texte, die im Lied Menschen Leben Tanzen Welt vorgeführt wird, ist das Hauptthema des böhmermannschen Monologs über den deutschen Neoschlager dessen kulturindustrielle Herstellung und sein Schielen auf Vermarktbarkeit bei gleichzeitigem Anschein von Authentizität und künstlerischer Integrität. Im Neo Magazin Royale wird erst ein Interview Max Giesingers mit Bayern 3 zitiert, in dem dieser die Rolle des Singer-Songwriters einnehmend erzählt, wie wichtig es ihm sei, „dass es wirklich persönliche Storys sind. Ich könnt mir jetzt nie irgendwie meine Platten fremd schreiben lassen“,((Neo Magazin: Giesinger, 8:42.)) um diese Aussage anschließend an der Wirklichkeit der mehrfachen Autorschaft und des Marketings zerschellen zu lassen. Der Vorwurf, nur scheinbar authentisch zu sein, ist aber einer, der den Schlager nicht trifft. Im Neo Magazin Royale wird dem Schlager, „diese[r] seelenlose[n] Industriemusik“,((Neo Magazin: Giesinger, 0:47.)) für den exemplarisch ein Bild der schon erwähnten hessischen Amigos gezeigt wird, anfangs die Musik Max Giesingers gegenübergestellt, um später die Grenze zwischen beiden für nicht existent zu erklären und Max Giesingers Musik ebenfalls als „08/15-mäßig produzierte[s] Heile-Welt-Getue“((Neo Magazin: Giesinger, 0:51.)) entlarven zu können. Dem Schlager dagegen muss die Maske der Authentizität nicht vom Gesicht gerissen werden, weil er seine Rollenhaftigkeit, seine arbeitsteilige, auf Verwertung zielende Produktionsweise und seinen fehlenden Anspruch, mehr als Unterhaltung zu bieten, gar nicht verbirgt. Max Giesingers Image als authentischer und integrer Künstler ist letztlich gesellschaftlich viel weniger unschuldig, weil mit ihm zugleich der neoliberale Mythos vom hart arbeitenden Einzelnen vermarktet wird, der in seinem Erfolg auf niemanden angewiesen ist und es nur aufgrund seiner Tüchtigkeit nach oben schaffen kann.
Der Bruch mit dem Schlager
Dementsprechend ist nur schwer vorstellbar, dass jemand wie Max Giesinger, der auf das Video mit dem Hinweis reagierte, Hänseleien schon aus der Schule zu kennen,((Vgl. Echo 2017: Max Giesinger wehrt sich gegen Jan Böhmermann: „Wurde schon in der Schule gehänselt“. In: www.rollingstone.de. 6. April 2017. URL: https://www.rollingstone.de/echo-2017-max-giesinger-wehrt-sich-gegen-jan-boehmermann-schoen-unpolitisch-und-abwaschbar-bleiben-1227013/.)) sich zu einer Parodie seiner selbst zur Verfügung stellte, wie das der Schlagersänger Achim Mentzel (Schernikau: „Achim ist Familienvater und sieht auch so aus“)((Schernikau: Schlager, S. 123.)) für Oliver Kalkofes Sendung Kalkofes Mattscheibe getan hat. Die im Schlager stets latent vorhandene Unsicherheit der Grenze zwischen Ernst und Ironie, zwischen Parodie und Original, der diese Unsicherheit grundierende Hang zur Hyperbel und die ausgestellte Rollenhaftigkeit sind unvereinbar mit der Ästhetik des von Böhmermann konstatierten Schlagerrevivals Max Giesingers, Andreas Bouranis und Co. Ihre Musik lässt sich immer als ernst gemeint und nichtparodistisch erkennen. Max Giesingers Lieder sollen nicht übertrieben, artifiziell sein und keine Rollen einnehmen, sondern authentisch und ehrlich von gleichgearteten Gefühlen berichten und wahre Geschichten erzählen. Sie lassen sich nicht mehr als Camp rezipieren. Der Bruch dieser Musik und ihrer Images mit denen des Schlagers ist unverkennbar.
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